Was ist Schematherapie?

Dirk de Pol, 15. Oktober 2023

Gesundheitstipp, Mentale Gesundheit

Die Schematherapie ist eine Form der Psychotherapie, die entwickelt wurde, um chronische psychische Probleme und Persönlichkeitsstörungen zu behandeln. Sie wurde von dem Psychologen Jeffrey E. Young in den 1980er Jahren entwickelt und basiert auf der Annahme, dass frühe negative Erfahrungen zu bestimmten Schemata oder Lebensfallen führen können, die das Denken, Fühlen und Verhalten einer Person beeinflussen.

Wie setzt die Schematherapie an?

Ein Schema kann als ein tief verwurzeltes, stabiles Muster von Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen definiert werden, das sich wiederholt und schwer zu ändern ist. Diese Schemata entstehen oft in der Kindheit als Reaktion auf traumatische Erfahrungen, Missbrauch, Vernachlässigung oder andere belastende Ereignisse. Sie können zu negativen Selbstbildern, dysfunktionalen Beziehungen und emotionaler Dysregulation führen.

Die Schematherapie zielt darauf ab, diese negativen Schemata zu identifizieren, zu verstehen und zu verändern. Der Therapeut arbeitet mit dem Klienten zusammen, um die Ursprünge der Schemata zu erkunden und sie mit aktuellen Erfahrungen in Verbindung zu bringen. Durch verschiedene therapeutische Techniken wie kognitive Umstrukturierung, Imagery-Rescripting, Rollenspiele und emotionale Bearbeitung wird versucht, die negativen Schemata zu modifizieren und gesündere Denk- und Verhaltensmuster zu entwickeln.

Die Schematherapie ist ein längerfristiger Ansatz, der darauf abzielt, tiefsitzende Probleme zu lösen und langfristige Veränderungen zu ermöglichen. Sie wird häufig bei Persönlichkeitsstörungen wie der Borderline-Persönlichkeitsstörung, der narzisstischen Persönlichkeitsstörung und der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung eingesetzt. Sie kann jedoch auch bei anderen psychischen Störungen wie Depressionen, Angststörungen und Essstörungen wirksam sein. Die Schematherapie kann sowohl in Einzel- als auch in Gruppentherapieformaten durchgeführt werden.

Welche Rolle spielt die Beziehung zwischen Therapeut und Klient in der Schematherapie?

Die Beziehung zwischen Therapeut und Klient spielt eine zentrale und bedeutende Rolle in der Schematherapie. In der Therapie wird eine sichere und vertrauensvolle therapeutische Beziehung aufgebaut, die als therapeutische Allianz bezeichnet wird. Diese Beziehung bildet die Grundlage für den therapeutischen Prozess und ermöglicht dem Klienten, sich zu öffnen, seine Schemata zu erkunden und Veränderungen anzustreben.

Der Therapeut fungiert als eine Art emotionales Resonanzsystem für den Klienten. Das bedeutet, dass der Therapeut einfühlsam und authentisch auf die Emotionen, Bedürfnisse und Erfahrungen des Klienten reagiert. Durch eine empathische Haltung kann der Therapeut dazu beitragen, dass der Klient sich verstanden und akzeptiert fühlt. Dies ist besonders wichtig, da viele der zugrunde liegenden Schemata mit frühen Erfahrungen von Missachtung, Ablehnung oder Vernachlässigung in Verbindung stehen.

In der Schematherapie wird auch viel Wert auf die Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse gelegt. Übertragung bezieht sich auf die Übertragung von Gefühlen, Erwartungen und Erfahrungen aus vergangenen Beziehungen auf die therapeutische Beziehung. Gegenübertragung bezieht sich auf die emotionalen Reaktionen des Therapeuten auf den Klienten. Diese Prozesse werden genutzt, um die Schemata und Muster, die sich in der Beziehung manifestieren, zu erkennen und zu bearbeiten.

Der Therapeut arbeitet aktiv daran, dem Klienten alternative Erfahrungen zu ermöglichen, die seinen negativen Schemata entgegenwirken. Dies geschieht durch das Bereitstellen von emotionaler Unterstützung, Einfühlsamkeit, Validierung und der Förderung von Selbstfürsorge und Selbstmitgefühl. Der Therapeut kann auch als Modell fungieren, indem er gesunde Bewältigungsstrategien vorlebt und dem Klienten neue Perspektiven und Verhaltensweisen vermittelt.

Insgesamt spielt die Beziehung zwischen Therapeut und Klient in der Schematherapie eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Veränderungen. Durch eine sichere und unterstützende therapeutische Beziehung können negative Schemata erkannt, verstanden und transformiert werden, um gesündere Denk- und Verhaltensmuster zu entwickeln.

Wie kann der Therapeut dem Klienten helfen, gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln?

Der Therapeut kann dem Klienten helfen, gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln, indem er verschiedene therapeutische Techniken und Interventionen einsetzt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie der Therapeut dabei unterstützen kann.

Psychoedukation

Der Therapeut kann dem Klienten Informationen über gesunde Bewältigungsstrategien vermitteln. Das kann beinhalten, dass der Klient lernt, seine eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu verstehen, wie bestimmte Verhaltensmuster und Denkweisen zu Problemen führen können. Durch die Aufklärung über die Zusammenhänge zwischen Gedanken, Gefühlen und Verhalten kann der Klient neue Perspektiven gewinnen.

Kognitive Umstrukturierung

Der Therapeut kann dem Klienten dabei helfen, negative Denkmuster und Überzeugungen zu identifizieren und herauszufordern. Durch die Arbeit an irrationalen Gedanken und deren Ersatz durch realistischere und positivere Gedanken kann der Klient seine Reaktionen auf belastende Situationen verändern.

Emotionsregulation

Der Therapeut kann dem Klienten dabei helfen, seine Emotionen besser zu verstehen und zu regulieren. Das kann Techniken wie Achtsamkeit, Atemübungen oder Entspannungstechniken umfassen. Der Klient kann lernen, seine emotionalen Reaktionen zu erkennen, anzunehmen und angemessen darauf zu reagieren, anstatt von ihnen überwältigt zu werden.

Imagery-Rescripting

Diese Technik wird verwendet, um negative Erinnerungen oder traumatische Erfahrungen zu bearbeiten und umzuschreiben. Der Therapeut kann den Klienten dabei unterstützen, belastende Bilder oder Erinnerungen zu verändern, indem er alternative positive Bilder oder Szenarien entwickelt. Dies kann dazu beitragen, die emotionalen Reaktionen des Klienten auf traumatische Ereignisse zu verändern und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Rollenspiele und Verhaltensexperimente

Der Therapeut kann mit dem Klienten Rollenspiele durchführen, um alternative Verhaltensweisen auszuprobieren und zu üben. Durch das Erleben und Ausprobieren neuer Verhaltensmuster kann der Klient lernen, effektivere Bewältigungsstrategien einzusetzen und positive Veränderungen in seinen Beziehungen und seinem alltäglichen Leben zu erreichen.

Stärkung der Selbstfürsorge und Selbstmitgefühl

Der Therapeut kann den Fokus auf die Förderung von Selbstfürsorge und Selbstmitgefühl legen. Der Klient wird ermutigt, sich um seine eigenen Bedürfnisse zu kümmern, sich selbst zu akzeptieren und sich selbst mit Güte und Mitgefühl zu behandeln. Dies kann helfen, das Selbstwertgefühl und das Wohlbefinden des Klienten zu stärken.

Der Therapeut arbeitet eng mit dem Klienten zusammen, um individuell angepasste Bewältigungsstrategien zu entwickeln, die den Bedürfnissen und Zielen des Klienten entsprechen. Durch die kontinuierliche Unterstützung und Anleitung des Therapeuten kann der Klient schrittweise gesündere Bewältigungsstrategien erlernen und in sein tägliches Leben integrieren.

Was sind die verschiedenen maladaptiven Schemata?

In der Schematherapie werden verschiedene maladaptive Schemata identifiziert, die aufgrund von frühen negativen Erfahrungen entstehen und zu emotionalen und zwischenmenschlichen Schwierigkeiten führen können.

Verlassenheits- und Misstrauensschemata: Dieses Schema bezieht sich auf die Angst vor Verlassenwerden, Vernachlässigung oder Betrug. Menschen mit diesem Schema haben oft Probleme, anderen zu vertrauen und enge Beziehungen einzugehen.

Minderwertigkeits- und Schamgefühle: Dieses Schema beinhaltet das Gefühl, minderwertig, unzureichend oder defekt zu sein. Betroffene können unter einem starken Schamgefühl leiden und haben häufig Schwierigkeiten, ihr Selbstwertgefühl aufzubauen.

Autonomie- und Leistungsschemata: Dieses Schema bezieht sich auf das Bedürfnis nach Unabhängigkeit, Kontrolle und individueller Fähigkeit. Menschen mit diesem Schema können übermäßig streben, perfektionistisch sein und Schwierigkeiten haben, sich zu entspannen oder Hilfe von anderen anzunehmen.

Beeinträchtigungsschemata: Dieses Schema bezieht sich auf das Gefühl der Hilflosigkeit, der Unterlegenheit oder des Überwältigtseins durch das Leben oder bestimmte Umstände. Betroffene fühlen sich oft überfordert und haben Schwierigkeiten, mit Stress umzugehen.

Einsamkeits- und Isolationsschemata: Dieses Schema umfasst das Gefühl der Isolation, des Andersseins oder der inneren Leere. Menschen mit diesem Schema können Schwierigkeiten haben, sich in sozialen Situationen wohlzufühlen und enge Beziehungen aufzubauen.

Unterwerfungs- und Abhängigkeitsschemata: Dieses Schema bezieht sich auf die Neigung, sich anderen Menschen unterzuordnen, um Ablehnung oder Konflikte zu vermeiden. Betroffene haben Schwierigkeiten, ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche auszudrücken und setzen oft die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen.

Diese maladaptiven Schemata können zu wiederkehrenden Mustern von Denken, Fühlen und Verhalten führen und das Wohlbefinden und die Funktionsfähigkeit der betroffenen Person beeinträchtigen. In der Schematherapie wird daran gearbeitet, diese Schemata zu erkennen, zu verstehen und zu transformieren, um gesündere Denk- und Verhaltensmuster zu entwickeln.

Was sind die 18 maladaptiven Schemata, die unter fünf Schemadomänen geordnet wurden?

Die 18 maladaptiven Schemata in der Schematherapie sind in fünf Schemadomänen organisiert. Im Entschädigungsschemata geht es um: Verlassenheit/Instabilität, Misstrauen/Missbrauch, emotionale Entbehrung, soziale Entbehrung, Einsamkeit und Empfindlichkeit für Ablehnung/Kritik.

Im Autonomie-Impairment-Schemata geht es um: Abhängigkeit/Unterwerfung, Beeinträchtigung, Verwundbarkeit für Schaden und Krankheit, Minderwertigkeit/Scham und Versagensangst.

Beim Einschränkungs- und Überwachungsschemata geht es um unzureichende Selbstkontrolle/Selbstdisziplin, Selbstverleugnung, Selbstaufopferung, Verweigerung der Bedürfnisse und des Genusses und Einschränkung.

Andere-Angst-Schemata umfassen Unterwerfung, Selbstopfer für andere, Anerkennung suchen, eingeschränkter Selbstausdruck und Spontaneität

Übermäßige Strenge- und Überwachungsschemata drehen sich um Selbstkontrolle, übermäßiger Bedenken und Zweifel, übermäßige Selbstdisziplin und -leistung, Verweigerung der Bedürfnisse und des Genusses für sich selbst und andere, eingeschränkter Selbstausdruck und Spontaneität.

Diese fünf Schemadomänen repräsentieren die Kernthemen und Muster, die zu emotionalen und zwischenmenschlichen Schwierigkeiten führen können. Die Arbeit daran, diese maladaptiven Schemata zu erkennen, zu verstehen und zu transformieren, ist ein wichtiger Bestandteil der Schematherapie, um gesündere Denk- und Verhaltensmuster zu entwickeln.

Welche Auswirkungen können die maladaptiven Schemata auf das Wohlbefinden haben?

Maladaptive Schemata können erhebliche Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden einer Person haben. Hier sind einige der möglichen Auswirkungen:

Emotionale Belastung

Maladaptive Schemata können zu starken und anhaltenden negativen Emotionen führen, wie beispielsweise Angst, Depression, Frustration, Scham oder Wut. Diese Emotionen können das allgemeine emotionale Wohlbefinden einer Person beeinträchtigen und zu einer erhöhten emotionalen Belastung führen.

Beeinträchtigte zwischenmenschliche Beziehungen: Maladaptive Schemata können zu Schwierigkeiten in der zwischenmenschlichen Interaktion führen. Menschen mit maladaptiven Schemata können Probleme haben, Vertrauen aufzubauen, enge Beziehungen einzugehen oder ihre Bedürfnisse angemessen auszudrücken. Dies kann zu Einsamkeit, Konflikten, Isolation oder ungesunden Beziehungen führen.

Selbstwertprobleme

Maladaptive Schemata können das Selbstwertgefühl einer Person beeinflussen. Menschen mit maladaptiven Schemata können ein geringes Selbstwertgefühl haben, sich minderwertig fühlen oder sich selbst kritisieren. Diese Selbstwertprobleme können das Selbstvertrauen und die Fähigkeit zur Selbstverwirklichung beeinträchtigen.

Einschränkungen im Verhalten

Maladaptive Schemata können auch zu Verhaltensmustern führen, die das individuelle Funktionieren einschränken. Zum Beispiel können Menschen mit bestimmten Schemata übermäßig perfektionistisch sein, Schwierigkeiten haben, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu erfüllen oder sich in bestimmten Bereichen selbst sabotieren.

Lebenszufriedenheit

Die Summe der Auswirkungen maladaptiver Schemata kann zu einer reduzierten Lebenszufriedenheit führen. Wenn das Denken, Fühlen und Verhalten von maladaptiven Schemata geprägt ist, kann dies zu einem Gefühl der Stagnation, Frustration und Unzufriedenheit mit verschiedenen Aspekten des Lebens führen.

Die Arbeit an der Identifizierung, Verständnis und Veränderung maladaptiver Schemata ist daher ein wichtiger Bestandteil der therapeutischen Intervention, um das Wohlbefinden zu verbessern und ein erfüllteres Leben zu ermöglichen.

Welche anderen therapeutischen Techniken können verwendet werden, um gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln?

Es gibt eine Vielzahl von therapeutischen Techniken, die eingesetzt werden können, um gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Hier sind einige weitere Ansätze und Techniken, die helfen können:

Verhaltensaktivierung

Diese Technik konzentriert sich auf die Förderung von positiven Verhaltensweisen und Aktivitäten, die das Wohlbefinden des Klienten steigern. Der Therapeut arbeitet mit dem Klienten zusammen, um Aktivitäten zu identifizieren, die Freude, Erfüllung und Sinnhaftigkeit bieten, und ermutigt den Klienten, diese in seinen Alltag zu integrieren.

Problemorientierte Bewältigung

Hierbei wird der Fokus darauf gelegt, konkret mit den aktuellen Herausforderungen und Problemen des Klienten umzugehen. Der Therapeut unterstützt den Klienten dabei, effektive Lösungsstrategien zu entwickeln, Ressourcen zu nutzen und die Umsetzung von Handlungsplänen zu unterstützen.

Soziale Fertigkeiten und Kommunikationstraining

Der Therapeut kann dem Klienten helfen, seine sozialen Fertigkeiten zu verbessern und effektive Kommunikationsmuster aufzubauen. Dies umfasst die Entwicklung von Fähigkeiten wie aktives Zuhören, Ausdruck von Bedürfnissen und Grenzen, Konfliktlösung und Aufbau gesunder Beziehungen.

Psychoanalyse und Tiefenpsychologie

Diese Ansätze konzentrieren sich auf die Arbeit mit unbewussten Inhalten, Konflikten und frühen Beziehungserfahrungen. Durch die Erforschung der Vergangenheit und der psychodynamischen Prozesse kann der Therapeut dem Klienten helfen, tieferliegende Ursachen für seine Schwierigkeiten zu verstehen und daraus abgeleitete Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT)

ACT betont die Akzeptanz unvermeidlicher negativer Gedanken und Gefühle und die Ausrichtung auf persönliche Werte und Ziele. Der Therapeut unterstützt den Klienten dabei, eine akzeptierende Haltung gegenüber unangenehmen Erfahrungen zu entwickeln und Verhaltensänderungen basierend auf seinen Werten vorzunehmen.

Psychodrama

Diese Methode ermöglicht es dem Klienten, seine inneren Konflikte, Beziehungen und Emotionen durch Rollenspiele und die Verkörperung verschiedener Charaktere zu erkunden. Durch das Ausagieren von Szenen und das Einnehmen verschiedener Rollen kann der Klient neue Perspektiven gewinnen und alternative Verhaltensweisen erproben.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Wahl der therapeutischen Techniken und Ansätze von den individuellen Bedürfnissen, Zielen und Präferenzen des Klienten abhängt. Ein erfahrener Therapeut wird verschiedene Techniken kombinieren und anpassen, um eine maßgeschneiderte Therapie zu bieten, die dem Klienten am besten hilft, gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Quellen

Schematherapie, Wikipedia, 2023

ddp
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