Das lateinische Dominium terrae bedeutet „Herrschaft über die Erde“. Wirkungsgeschichtlich ist dies mit Abstand das folgenreichste Motiv des Alten Testaments. Es ist der Auftrag Gottes an den Menschen:
„Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“ (1. Mose 1: 28 LUT)
Erst mit einer genaueren hebräischen Auslegung erhellt sich ein ursprünglich freundlicherer Sinn. Das hebräische Verb kabasch wurde bis vor wenigen Jahren nur übersetzt als „untertan machen“. Es hat jedoch auch die Bedeutung „als Kulturland in Besitz nehmen“ und „urbar machen“, wie Vergleiche mit Übersetzungen in anderen biblischen Büchern (Num 32 und Jos 18) zeigen. Und das hebräische Verb radah (bisher übersetzt als „herrschen“ bzw. „herrschaftlich auftreten“) wird in anderen Texten für den Umgang eines Hirten mit seiner Herde verwendet und darf so auch verstanden werden als sich verantwortungsvoll um etwas sorgen.
Doch der Gedanke des Dominium terrae konkretisierte sich in der Neuzeit im Sinne einer umfassenden instrumentellen Naturbeherrschung – bis heute immer noch desaströs. In seinem 1637 veröffentlichten Discours de la méthode schrieb René Descartes, die Menschen seien „Herrscher und Besitzer der Natur“. Natürlich dürfen wir in diesem Zusammenhang das Christentum für die ökologische Krise des Anthropozän mitverantwortlich machen. Es hat nicht nur im Sinne des fehlgedeuteten Herrschaftsauftrags gute Arbeit geleistet, sondern auch mit seiner konsequent verfolgten Austreibung der Gottheiten anderen Religionen.
Und die Bevölkerungsexplosion? Im Judentum wird der Auftrag, „fruchtbar zu sein und sich zu vermehren“, so interpretiert, dass jedes Paar mindestens einen Sohn und eine Tochter haben muss. Auch bei der Auslegung einiger Konfessionen des Christentums sollten die Anhänger aktiv daran arbeiten, den Auftrag zu erfüllen.