Spätdiagnose der Legasthenie bei Erwachsenen

Dirk de Pol, 17. März 2020

Legasthenie

Legasthenie ist eine Lernschwierigkeit, die Menschen jeden Alters betrifft. Genau wie bei anderen Behinderungen sind eine frühzeitige Erkennung der Erkrankung und ein frühzeitiges Eingreifen für die Person mit der Behinderung von Vorteil. Bei Legasthenie ist dies jedoch nicht immer der Fall.

Ein übersehener Anfang

Meistens wird der Beginn der Legasthenie übersehen, weshalb viele Fälle erst im Erwachsenenalter diagnostiziert werden. In der heutigen Kultur, in der ein Kind im Alter von zehn oder elf Jahren noch nicht fliessend lesen gelernt hat, würde man oft denken, dass es ihm an Motivation oder Intelligenz mangelt.

Die meisten Menschen würden denken, dass sie dumm oder faul sind. In den meisten Fällen sind sie jedoch keines von beidem. Höchstwahrscheinlich haben sie Legasthenie, eine Lernbehinderung, die ihre Schwierigkeiten beim Verstehen der Schriftsprache verursacht, obwohl sie einen normalen oder sogar höheren als den normalen IQ haben.

Fehlerhafte Verdrahtung und Früherkennung

Die jüngsten Studien zeigen, daß die Leseschwierigkeiten, die Legastheniker haben, auf „fehlerhafte Verdrahtung“ in bestimmten Hirnarealen zurückzuführen sind, die einen Bezug zum Lernen und zur Sprache haben. Die Forschung zeigt auch, dass identifizierbare genetische Variationen oder Defekte die teilweise Ursache dieser fehlerhaften Verdrahtung sind.

Eine frühzeitige Untersuchung und Erkennung solcher Abweichungen ermöglicht Ihnen eine angemessene und rechtzeitige Schulung. Die meisten Experten schlagen vor, dass es den Kindern erlaubt sein sollte, sich mit ihrer Erkrankung auseinanderzusetzen, um sie zu überwinden und zumindest auf einem akzeptablen Niveau lesen zu lernen. Da Legasthenie jedoch manchmal erst im Erwachsenenalter diagnostiziert wird, wird der Nutzen der Früherkennung nicht maximiert.

Späte Erkennung

Obwohl es Menschen gibt, die erst im Erwachsenenalter aufgrund eines Schlaganfalls und einer traumatischen Hirnverletzung Legastheniker werden, handelt es sich in den meisten Fällen um eine Entwicklungsstörung. Experten zufolge handelt es sich bei der Mehrzahl der gemeldeten Fälle von Legasthenikern immer noch um Erwachsene, die seit ihrer Kindheit an Legasthenie leiden, aber erst als Erwachsene wussten, dass sie sie haben.

Diese späte Erkennung der Erkrankung ist etwas, was die meisten erwachsenen Legastheniker beunruhigt, da ein frühes Eingreifen keine Wahl mehr ist. Wenn Sie jedoch zu denjenigen gehören, die die Krankheit spät erkannt haben, gibt es keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Eine Intervention, egal wie früh oder spät, ist immer noch eine Intervention, auch wenn sie unterschiedliche Auswirkungen haben kann.

Die Frage der Gehirnplastizität

Die späte Erkennung wird aufgrund der Prämisse der Plastizität des Gehirns zu einem Problem. Die Forschung zeigt, dass jüngere Menschen oder sogar Tiere ein elastischeres Gehirn haben als ältere Menschen. Die Bedeutung der Plastizität des Gehirns besteht darin, dass sie ein wichtiger Faktor in Bezug auf die Intervention ist.

Da das Gehirn elastischer ist, wenn man jünger ist; eine Neuverkabelung des Gehirns ist dann möglich, da es noch nicht ausgereift ist und sich weiter entwickelt. Wenn also jemals eine Lernbehinderung wie Legasthenie vorliegt, kann Ihr Gehirn immer noch so entwickelt werden, dass es auf einem akzeptableren Niveau funktioniert, bei dem der Zustand nur minimale Auswirkungen hat.

Viele Erwachsene, bei denen die Krankheit kürzlich diagnostiziert wurde, befürchten, dass eine Intervention ihnen nichts nützen würde, einfach weil ihr Gehirn nicht mehr so elastisch ist wie das von Kindern. Neuere Studien zeigen jedoch, dass die Eigenschaft des Gehirns, elastisch zu sein, auch bei Erwachsenen noch vorhanden ist.

Diese jüngste Erkenntnis über die Plastizität des erwachsenen Gehirns ist ein Durchbruch für erwachsene Legastheniker. Wenn Sie also ein Erwachsener sind, der eine späte Diagnose hatte, dann seien Sie glücklich! Es besteht immer noch Hoffnung, dass sich Ihr Zustand verbessert, wenn auch nur auf ein akzeptables Niveau.

Dieser Artikel handelt von einem Krankheitsbild oder gesundheitlichen oder medizinischen Thema und dient dabei jedoch nicht der Eigendiagnose. Der Beitrag ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt. Bitte lesen und beachten Sie auch unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen!