Eine wichtige Lehre des ersten Golfkrieges lautet: nicht mehr vom Menschen, sondern von den Medien wird Geschichte gemacht. Offensichtlich sind Medien zum globalen Schlüsselsystem geworden, das fast alle Prozesse in der Welt steuert.
Mit eingängigen Erklärungen dieser Art konnte die Medientheorie zu einer neuen Leitwissenschaft avancieren. Ihr Erfolgsgeheimnis liegt unter anderem darin begründet, dass sie genauso flexibel und anpassungsfähig ist wie die Medien selbst, denn Medien gehorchen nicht mehr einer Kapital- oder Techno-Logik, sondern sie vollziehen eine gleichsam naturhafte Evolution. Soviel ist tatsächlich gewiss: Technikgeschichte ist stets auch ein Stück Gesellschaftsgeschichte. Doch wer sie als Evolution begreift, stilisiert sie zur Naturgeschichte.
Wozu das gut ist, lässt sich leicht erraten. Die Medien genau wie ihre Theorie werden damit ganz einfach immun gegen alle nur erdenklichen Einwände. Denn einer naturgesetzlicher Medienevolution kann man schließlich nicht entkommen. Daß sie auch Fehlentwicklungen und reinigende Katastrophen umfasst, ist dann wortwörtlich nur natürlich. Die Anpassungsfähigsten werden überleben. Genau besehen – so das Implikat – war die Evolution schon immer eine Medienevolution: schließlich ist einfach alles ein Medium oder zumindest doch medial vermittelt. Vom Genetischen bis zum Kulturellen: Fortschritt besteht im Grunde nur darin, dass die Codes und Botschaften komplexer und flexibler werden.
Dass die technischen Medien gegenwärtig die natürlichen aufsaugen (uns eingeschlossen), sollen wir dabei bestenfalls gelassen zur Kenntnis nehmen. Motto: Widerstand ist doch zwecklos! Schon lange sind die Medien wie ein vampiristischer Parasit über jede Nische hinaus gewachsen. Wir müssen unsererseits lernen, als Parasit in ihrem weltweiten Geflecht zu leben.