Hypermobiles Ehlers-Danlos-Syndrom

Dirk de Pol, 13. November 2021

Gesundheit

Die Ehlers-Danlos-Syndrome (EDS) repräsentieren eine Gruppierung von 13 genetischen Bindegewebserkrankungen gemäß der aktuellsten Klassifizierung, wobei die jüngste Form im Jahr 2018 identifiziert wurde. Symptome manifestieren sich vielfach in Form von überbeweglichen Gelenken, Gelenkschmerzen, elastischer, samtener Haut und ungewöhnlicher Narbenbildung. Diese Symptome können bereits bei Geburt oder während der frühen Kindheit detektiert werden.

Komplikationen können unter anderem Aortendissektion, Gelenkverrenkungen, Skoliose, chronische Schmerzen oder vorzeitige Arthrose umfassen. EDS entstehen infolge von Abweichungen in mehr als 19 Genen, die schon bei Geburt präsent sind. Das betroffene spezifische Gen ist ausschlaggebend für den jeweiligen Typ von EDS. Manche Fälle resultieren aus einer neuen Genvariation, die während der frühen Entwicklung auftritt, während andere autosomal-dominant oder -rezessiv vererbt werden. In der Regel führen diese Variationen zu Defekten in der Struktur oder Verarbeitung des Proteins Kollagen.

Die Diagnose stützt sich häufig auf symptomatische Befunde und wird durch genetische Tests oder Hautbiopsien bestätigt. Es kann jedoch vorkommen, dass bei Menschen initial irrtümlicherweise eine Hypochondrie, eine Depression oder ein chronisches Erschöpfungssyndrom diagnostiziert wird.

Bis dato ist keine Heilung bekannt und die Behandlungsansätze sind rein unterstützend. Physiotherapie und Orthesen können zur Stärkung der Muskulatur und Unterstützung der Gelenke beitragen. Einige Formen von EDS resultieren in einer normalen Lebenserwartung, allerdings kann bei denjenigen, die die Blutgefäße betreffen, die Lebenserwartung im Allgemeinen reduziert sein. Alle EDS-Formen können in einigen Fällen zum Tod führen.

Der hypermobile Typ von EDS (hEDS) betrifft weltweit mindestens einen von 5.000 Menschen; andere Typen sind seltener. Die Prognose ist abhängig von der spezifischen Erkrankung. Erste Hinweise auf übermäßige Beweglichkeit wurden bereits im Jahr 400 v. Chr. von Hippokrates festgehalten. Die Syndrome wurden nach den Ärzten Edvard Ehlers und Henri-Alexandre Danlos benannt, welche sie um die Wende des 20. Jahrhunderts beschrieben haben.

Was sind die Symptome?

Zu den häufigen Symptomen gehören Hypermobilität der Gelenke, die sowohl große (Ellbogen, Knie) als auch kleine (Finger, Zehen) Gelenke betrifft, weiche, glatte Haut, die leicht elastisch (dehnbar) sein kann und leicht Druckstellen verursacht, sowie chronische Schmerzen im Bewegungsapparat (Muskeln und Knochen). Obwohl das hypermobile EDS als genetische Erkrankung gilt, ist die genetische Ursache unbekannt, da die verantwortlichen Gene noch nicht identifiziert wurden. Die Vererbung ist autosomal dominant. Die Behandlung und das Management konzentrieren sich auf die Vermeidung schwerwiegender Komplikationen und die Linderung der damit verbundenen Anzeichen und Symptome.

Die Anzeichen und Symptome des hypermobilen Ehlers-Danlos-Syndroms sind unterschiedlich, können aber folgende sein:

  • Gelenkhypermobilität, die sowohl die großen (Ellenbogen, Knie) als auch die kleinen Gelenke (Finger, Zehen) betrifft
  • Häufige Gelenkverrenkungen und Subluxationen (Teilverrenkungen), die häufig die Schulter, die Kniescheibe und/oder das Kiefergelenk (Gelenk, das den Unterkiefer mit dem Schädel verbindet) betreffen
  • Weiche, glatte Haut, die leicht elastisch (dehnbar) sein kann und leicht Druckstellen aufweist
  • Chronische muskuloskelettale (Muskel- und Knochen-) Schmerzen
  • Früh einsetzende Osteoarthritis
  • Osteoporose
  • Magen-Darm-Probleme wie Dysmotilität, Blähungen, Übelkeit, Erbrechen, Sodbrennen, Verstopfung oder Hiatushernie (die auch Probleme wie Sodbrennen oder Reflux verursachen kann)
  • Funktionsstörung des autonomen Nervensystems
  • Kardiovaskuläre Anomalien wie Mitralklappenprolaps oder Aortenwurzeldilatation (Vergrößerung des Blutgefäßes, das das Blut vom Herzen in den Rest des Körpers verteilt)
  • Erhöhtes Risiko eines Beckenvorfalls, einer schmerzhaften Menstruation (Dysmenorrhoe) und eines schmerzhaften Geschlechtsverkehrs (Dyspareunie) bei Frauen
  • Erhöhtes Risiko von Schwangerschaftskomplikationen wie vorzeitiger Blasensprung oder schnelle Wehen und Geburt (weniger als 4 Stunden)

In dieser Tabelle sind die Symptome aufgeführt, die Menschen mit dieser Krankheit haben können. Bei den meisten Krankheiten variieren die Symptome von Person zu Person. Menschen mit der gleichen Krankheit haben möglicherweise nicht alle aufgeführten Symptome.

Medizinische Begriffe Andere Namen  
80-99 % der Menschen haben diese Symptome
Akrozyanose Anhaltende Blaufärbung von Händen, Füßen oder Teilen des Gesichts
Arthralgie Gelenkschmerzen
Luxation des Ellenbogens Auskugeln der Ellenbogen

 

Ermüdung Müde

 

Hüftluxation Ausgekugelte Hüften

 

Welche Ursachen liegen zugrunde?

Obwohl das hypermobile Ehlers-Danlos-Syndrom als genetisch bedingt gilt, ist die zugrundeliegende Ursache (das verantwortliche Gen oder die verantwortlichen Gene) noch nicht identifiziert worden.

Vererbung

Obwohl die zugrunde liegende genetische Ursache des hypermobilen Ehlers-Danlos-Syndroms unbekannt ist, scheint es einem autosomal-dominanten Vererbungsmuster zu folgen. Das bedeutet, dass eine Person nur eine Veränderung (Mutation) in einer Kopie des verantwortlichen Gens in jeder Zelle braucht, um betroffen zu sein. In einigen Fällen erbt eine betroffene Person die Mutation von einem betroffenen Elternteil. Andere Fälle können durch neue (de novo) Mutationen in dem Gen entstehen. Diese Fälle treten bei Menschen auf, in deren Familie die Krankheit nicht vorkommt. Eine Person mit hypermobilem EDS hat bei jeder Schwangerschaft eine 50%ige Chance, das mutierte Gen an ihr Kind weiterzugeben.

Wie sieht die Diagnose aus?

Die Diagnose des hypermobilen Ehlers-Danlos-Syndroms (hEDS) wird anhand der charakteristischen Anzeichen und Symptome gestellt, da es keinen spezifischen Test gibt. Die folgenden drei Hauptkriterien sollten erfüllt sein:

Kriterium 1: Generalisierte Gelenkhypermobilität (kleine und große Gelenke), die mit Hilfe des Beighton-Score-Systems und eines Fragebogens bewertet wird.

Kriterium 2: Zwei oder mehr der folgenden Merkmale müssen vorhanden sein (A&B, A&C, B&C oder A&B&C):

Merkmal A – Systemische Manifestationen einer allgemeineren Bindegewebserkrankung (insgesamt 5 von 12 müssen vorhanden sein)

  1. Ungewöhnlich weiche oder samtene Haut
  2. Leichte Überdehnbarkeit der Haut
  3. Ungeklärte Striae wie Striae distensae oder rubrae am Rücken, in den Leisten, an den Oberschenkeln, an den Brüsten und/oder am Bauch bei Jugendlichen, Männern oder präpubertären Frauen ohne signifikante Zu- oder Abnahme von Körperfett oder Gewicht in der Vergangenheit
  4. Beidseitige piezoelektrische Papeln an der Ferse
  5. Wiederkehrende oder multiple abdominale Hernie(n)
  6. Atrophische Narbenbildung an mindestens zwei Stellen und ohne Bildung echter papyraceöser und/oder hämosiderischer Narben, wie sie beim klassischen EDS auftreten
  7. Beckenboden-, Rektum- und/oder Uterusprolaps bei Kindern, Männern oder Frauen in der Nullipara ohne Vorgeschichte von morbider Adipositas oder anderen bekannten prädisponierenden Erkrankungen
  8. Engstand der Zähne und hoher oder schmaler Gaumen
  9. Arachnodaktylie, definiert durch einen oder mehrere der folgenden Punkte: (i) positives Handgelenkszeichen (Steinberg-Zeichen) auf beiden Seiten; (ii) positives Daumenzeichen (Walker-Zeichen) auf beiden Seiten
  10. Arm-Spannweite-zu-Höhe ≥1,05
  11. Mitralklappenprolaps (MVP) leicht oder größer nach strengen echokardiographischen Kriterien
  12. Aortenwurzelerweiterung mit Z-Score > +2

Merkmal B-positive Familienanamnese mit einem oder mehreren Verwandten ersten Grades, die unabhängig voneinander die aktuellen Diagnosekriterien für hEDS erfüllen.

Merkmal C – Muskel-Skelett-Komplikationen (mindestens 1 von 3 muss vorliegen):

  1. Muskuloskelettale Schmerzen in 2 oder mehr Gliedmaßen, die seit mindestens 3 Monaten täglich wiederkehren
  2. Chronische, weit verbreitete Schmerzen seit ≥3 Monaten
  3. Wiederkehrende Gelenkverrenkungen oder offene Gelenkinstabilität, ohne dass ein Trauma vorliegt (a oder b)
  4. Drei oder mehr atraumatische Verrenkungen in demselben Gelenk oder zwei oder mehr atraumatische Verrenkungen in zwei verschiedenen Gelenken, die zu unterschiedlichen Zeiten auftreten
  5. Medizinische Bestätigung einer Gelenkinstabilität an zwei oder mehr Stellen, die nicht auf ein Trauma zurückzuführen ist

Kriterium 3: Alle diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein: Fehlen einer ungewöhnlichen Hautbrüchigkeit, Ausschluss anderer vererbbarer und erworbener Bindegewebserkrankungen, einschließlich autoimmuner rheumatologischer Erkrankungen, und Ausschluss alternativer Diagnosen, die auch eine Gelenkhypermobilität aufgrund eines schlechten Muskeltonus (Hypotonie) und/oder einer Bindegewebslaxität umfassen können.

Weitere Probleme (die nicht unbedingt vorliegen müssen) sind wiederkehrende Gelenkverrenkungen, chronische Gelenk-/Gliederschmerzen und eine positive Familienanamnese.

Die Diagnosestellung kann manchmal dadurch erschwert werden, dass die Gelenkhypermobilität häufiger bei Frauen und Kleinkindern vorkommt. Außerdem kann die Hypermobilität der Gelenke mit dem Alter abnehmen, insbesondere bei der Entwicklung von Arthritis oder nach einer Operation. In diesen Fällen wäre es wichtig, auf eine frühere Laxheit der Gelenke zu achten.

Es gibt eine Reihe von Erkrankungen, die mit hEDS einhergehen können, obwohl es nicht genügend Daten gibt, um sie in die Diagnosekriterien aufzunehmen. Sie werden zwar mit hEDS in Verbindung gebracht, aber es ist nicht erwiesen, dass sie die Folge von hEDS sind, und sie sind nicht spezifisch genug, um als Diagnosekriterien zu gelten. Dazu gehören Schlafstörungen, Müdigkeit, posturale orthostatische Tachykardie, funktionelle gastrointestinale Störungen, Dysautonomie, Angstzustände und Depressionen. Diese Zustände sind manchmal belastender als die Gelenksymptome, da sie oft das tägliche Leben beeinträchtigen, und sollten daher berücksichtigt und behandelt werden.

Behandlung

Die Behandlung des hypermobilen Ehlers-Danlos-Syndroms hängt von den Anzeichen und Symptomen ab, die bei jeder Person auftreten. So wird beispielsweise häufig eine Physiotherapie empfohlen, um die Muskeln zu stärken und die Gelenkstabilität zu verbessern. Je nach Schweregrad der Gelenkinstabilität können Hilfsmittel wie Zahnspangen, Rollstühle oder Scooter erforderlich sein. Zur Behandlung schwerer Schmerzen des Bewegungsapparats (Muskeln und Knochen) können Schmerzmedikamente verschrieben werden. Die Betroffenen können auf die Entwicklung einer Osteopenie (geringe Knochendichte) und einer Aortenwurzeldilatation (Vergrößerung des Blutgefäßes, das das Blut vom Herzen in den Rest des Körpers verteilt) überwacht werden.

Bitte wenden Sie sich an Ihren medizinischen Betreuer, wenn Sie Fragen zu Ihrem persönlichen medizinischen Managementplan haben.

Prognose

Die langfristigen Aussichten (Prognose) für Menschen mit hypermobilem Ehlers-Danlos-Syndrom hängen von der Schwere der Erkrankung und den vorhandenen Anzeichen und Symptomen ab. Obwohl diese Form des EDS in der Regel keine Auswirkungen auf die Lebenserwartung hat, können muskuloskelettale (Muskel- und Knochen-) Schmerzen und Gelenkinstabilität erhebliche Auswirkungen auf die tägliche Funktion und Lebensqualität haben.

Der Beitrag basiert auf Informationen von MedlinePlus.

Dieser Artikel handelt von einem Krankheitsbild oder gesundheitlichen oder medizinischen Thema und dient dabei jedoch nicht der Eigendiagnose. Der Beitrag ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt. Bitte lesen und beachten Sie auch unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen!

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