Die Achsen von Persönlichkeitsstörungen

Dirk de Pol, 23. Januar 2020

Mentale Gesundheit

Persönlichkeitsstörungen sind wie die Spitzen von Eisbergen. Sie beruhen auf einem Fundament von Ursachen und Wirkungen, Interaktionen und Ereignissen, Emotionen und Kognitionen, Funktionen und Dysfunktionen, die zusammen den Patienten bilden und ihn zu dem machen, was er ist.

Das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) verwendet fünf Achsen, um diese Daten zu analysieren, zu klassifizieren und zu beschreiben. Der Patient (oder das Subjekt) stellt sich einem Diagnostiker für psychische Gesundheit vor, wird ausgewertet, Tests werden durchgeführt, Fragebögen ausgefüllt und eine Diagnose gestellt. Der Diagnostiker verwendet die fünf Achsen des DSM, um die dabei gewonnenen Informationen „sinnvoll“ zu ordnen und zu organisieren.

Achse I verlangt, dass er alle klinischen psychischen Gesundheitsprobleme des Patienten spezifiziert, die keine Persönlichkeitsstörungen oder geistige Behinderung sind. So umfasst die Achse I Themen, die erstmals im Säuglings-, Kindes- oder Jugendalter diagnostiziert wurden; kognitive Probleme (z.B. Delirium, Demenz, Amnesie); psychische Störungen aufgrund einer Krankheit (z.B. Funktionsstörungen aufgrund von Hirnverletzungen oder Stoffwechselerkrankungen); substanzbezogene Störungen; Schizophrenie und Psychosen; Stimmungsstörungen; Angst und Panik; somatoforme Störungen; faktische Störungen; dissoziative Störungen; sexuelle Paraphilie; Essstörungen; Impulskontrollprobleme und Anpassungsprobleme.

Wir werden die Achse II in unseren nächsten Artikeln ausführlich besprechen. Sie umfasst Persönlichkeitsstörungen und mentale Retardierung (interessante Konjunktion!).

Leidet der Patient an Krankheiten, die seinen Geisteszustand und seine psychische Gesundheit beeinträchtigen, werden diese unter Achse III vermerkt. Einige psychische Probleme werden direkt durch medizinische Probleme verursacht (Schilddrüsenüberfunktion verursacht Depressionen). In anderen Fällen sind letztere gleichzeitig mit den ersteren vorhanden oder verschlimmern diese. Praktisch alle biologischen Krankheiten können Veränderungen in der psychologischen Verfassung, im Verhalten, in der kognitiven Funktion und in der emotionalen Landschaft des Patienten hervorrufen.

Aber die Maschinerie des Lebens – sowohl Körper als auch „Seele“ – ist sowohl reaktiv als auch proaktiv. Sie wird durch die psychosozialen Umstände und die Umwelt geprägt. Lebenskrisen, Stress, Defizite und unzureichende Unterstützung führen zu einer Destabilisierung und, wenn sie hart genug sind, zu einer Zerstörung der psychischen Gesundheit. Die DSM zählt Dutzende von negativen Einflüssen auf, die vom Diagnostiker unter Achse IV erfasst werden sollten: Tod in der Familie oder bei einem engen Freund; Gesundheitsprobleme; Scheidung; Wiederverheiratung; Missbrauch; vernarrte oder erdrückende Elternschaft; Vernachlässigung; Rivalität zwischen Geschwistern; soziale Isolation; Diskriminierung; Lebenszyklusübergang (wie z.B. Pensionierung); Arbeitslosigkeit; Mobbing am Arbeitsplatz; Wohnungs- oder Wirtschaftsprobleme; begrenzter oder kein Zugang zu Gesundheitsdiensten; Einkerkerung oder Rechtsstreitigkeiten; Traumata und viele weitere Ereignisse und Situationen.

Schließlich erkennt das DSM an, dass der direkte Eindruck des Klinikers vom Patienten mindestens ebenso wichtig ist wie alle „objektiven“ Daten, die er während der Evaluierungsphase sammeln kann. Achse V ermöglicht es dem Diagnostiker, sein Urteil über „das Gesamtniveau der Funktionsfähigkeit des Individuums“ festzuhalten. Dies ist zugegebenermaßen eine vage Aufgabe, die offen für Unklarheiten und Verzerrungen ist. Um diesen Risiken entgegenzuwirken, empfiehlt das DSM, dass psychiatrische Fachkräfte die Global Assessment of Functioning (GAF)-Skala verwenden. Allein die Durchführung dieses strukturierten Tests zwingt den Diagnostiker, seine Ansichten rigoros zu formulieren und kulturelle und soziale Vorurteile auszusondern.

Nachdem er diesen langen und verworrenen Prozess durchlaufen hat, hat der Therapeut, Psychologe, Psychiater oder Sozialarbeiter nun ein vollständiges Bild des Lebens, der persönlichen Geschichte, des medizinischen Hintergrunds, der Umgebung und der Psyche des Patienten. Sie ist nun bereit, weiterzumachen und eine Persönlichkeitsstörung mit oder ohne komorbide (gleichzeitige) Bedingungen formell zu diagnostizieren.

Aber was ist eine Persönlichkeitsstörung? Es gibt so viele von ihnen und sie erscheinen uns entweder so ähnlich oder so unähnlich! Was sind die Stränge, die sie miteinander verbinden? Was sind die Gemeinsamkeiten aller Persönlichkeitsstörungen?

Dieser Artikel handelt von einem Krankheitsbild oder gesundheitlichen oder medizinischen Thema und dient dabei jedoch nicht der Eigendiagnose. Der Beitrag ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt. Bitte lesen und beachten Sie auch unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen!

DAS SPIEL, BEI DEM ALLES AUF DEN TISCH KOMMT …

… und nichts unterm Teppich bleibt.

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